Darstellungen und Wirkungsweisen von Gewalt im Japanischen Film
Einleitung
Diese Abhandlung beschäftigt sich mit den Darstellungen von Gewalt und Sexualität im modernen japanischen Film. Hauptziel hierbei ist die Analyse, Evaluierung und Einbettung der zu beschreibenden kontroversen inhaltlichen und stilistischen Mittel in die kulturellen Hintergründe Japans. Mit dem Verweis auf die kulturellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum euro-amerikanischen Raum (insbesondere in Bezug zu Gewaltfilmen der USA und Italien) soll das Verständnis zu dem "Japanese Way" auch für die westliche Mentalität ermöglicht werden.
In der Theorielandschaft finden sich zum Thema Gewalt im Film unzählige Werke, zu denen jedesjahr wieder neue publiziert werden. Die Erläuterung von unterschiedlichen Wirkungstheorien von Gewalt auf den Zuschauer (davon wird eines sogar als obsolet und unzutreffend erachtet) soll die Frage, wie Gewalt auf den Rezipienten wirken kann, beantwortet werden.
Die Darstellung von Gewalt und deren immer größer werdendes Publikum, das größtenteils aus Jugendlichen besteht, ist ein wichtiges und für viele Menschen (insbesondere Pädagogen) besorgniserregendes Problemthema. Die größere Gewaltbereitschaft in der heutigen Zeit erweckt immer mehr Sorgen und Befürchtungen. Wie die Filmzensoren in Amerika, Europa und Japan darauf reagieren, wird im Themabereich Zensur behandelt.
Definition zentraler Begriffe
Die Begriffe „Aggression“ und „Gewalt“ werden sowohl in der Fachliteratur, als auch im alltäglichen Sprachgebrauch oft als Synonyme gebraucht. Für keine dieser beiden gibt es eine einheitliche Definition, was darauf hinweist, dass der Maßstab von Gewalt verschieden gesetzt wird. So wird einerseits da und dort auf Gewalt hingewiesen, andererseits werden viele Formen von Gewalt gar nicht as solche erkannt.
Definitionen von Gewalt
Der Begriff „Gewalt“ kommt von „walten“ (lat.), wird aber in diesem Sinn kaum mehr verwendet. Die meisten unterscheiden zwischen Aggression und Gewalt, Michael Kunczik aber setzt in seiner Definition Gewalt und Aggression gleich. So versteht er unter personaler Gewalt (=Aggression) die beabsichtigte physische oder psychische Schädigung einer Person, von Lebewesen und Sachen durch eine andere Person.
Johan Galtung hingegen bezeichnet Gewalt als eine „vermeidbare Beeinträchtigung grundlegender menschlicher Bedürfnisse“. Eine weitere Definition des Begriffes lautet „Gewalt ist ein zwangsweisendes Einwirken auf den Willen des Opfers“.
Laut der Definition der Arbeitsgemeinschaft für Friedenspädagogik (AGFP) ist „Gewalt jede Aktion, die das Wohlbefinden von einzelnen Menschen oder Menschengruppen physisch, psychisch oder sozial gefährdet.“
Durch die Vielfältigkeit des Gewaltbegriffes und durch die unterschiedliche Verwendung von diesem leidet sehr häufig die Vergleichbarkeit einzelner Studien.
Wie bereits erwähnt, wird der Gewalt-Begriff häufig mit Hilfe des Aggressions-Begriffs erklärt bzw. gleichgesetzt. Aggression zeichnet sich aus durch häufig auftretendes feindseligen Verhaltens, bestehend aus verbalen und/oder tätlichen Angriffen. Mit anderen Worten handelt es sich beim Vorgang „Aggression“ um das „Austeilen schädigender Reize“. Sie kann offen (körperlich, verbal) oder verdeckt (phantasierend), positiv (von der Kultur gebilligt) oder negativ (missbilligt) sein. Neben dem Aspekt der Schädigung ist ebenso wichtig zu erwähnen, dass es sich meist um ein zielgerichtetes Verhalten handelt. Dies impliziert, dass aggressives Verhalten beabsichtigt sein muss. Wie „Aggression“ und ob es überhaupt als „Aggression“ gesehen wird, hängt aber ganz vom Betrachter, vom Beurteiler ab. Aggression ist laut Dolf Zillman dann vorhanden, wenn von der handelnden Person versucht wird, einer anderen Person körperlichen Schaden oder physischen Schmerz zuzufügen und wenn das Opfer gleichzeitig danach strebt, eine solche Behandlung zu vermeiden. Dies schließt aus, dass beispielsweise sadistisch sexuelle Praktiken als Aggression angesehen werden.
Abschließend wird es einem schwer fallen, eine klare Trennlinie zwischen Gewalt und Aggression herzustellen, zumal das eine das andere beinhaltet und umgekehrt. Jedoch setzt Gewalt im Gegensatz zur Aggression keine Normverletzung voraus.
Formen von Gewalt
Man unterscheidet verschiedene Formen von Gewalt. Hier wird vor allem unterschieden zwischen der Art der Gewalt, der Anzahl der handelnden Personen, Gründen und Zielen der Gewalt, Zielpersonen und Gruppen und Art des Rahmens.
Häufig wurden folgende Unterscheidungen gemacht:
- physische Gewalt: Bei physischer Gewalt wird „auf den Körper der Zielperson eingewirkt“.Gewalt bedeutet Schmerz für Körper und Seele. Durch das über einen längeren Zeitraum erfahrene Gewaltanwenden auf eine Person wird diese eingeschüchtert und verängstigt, woraufhin schwere psychische Schäden folgen können. Um diese Qualen aushalten zu können, flüchten viele dieser Opfer in eine irreale Welt.
- psychische Gewalt: Bei psychischer Gewalt wird „mit Hilfe von seelischem Druck ausgeübt“. Psychische Gewalt kann aber ebenso durch Vorenthaltungen von Zuwendung und Vertrauen entstehen. Demnach würde zum Beispiel eine ständige Bevorzugung eines Geschwisters ebenfalls als psychische Gewalt bewertet werden. Folgen psychischer Gewalt können Angst, Depressionen, Suizidneigung, Substanzmissbrauch, psychosomatische Symptome sowie vermindertes Selbstwertgefühl sein.
- verbale Gewalt: Verbale Gewalt erfolgt „durch Schädigung und Verletzung eines anderen mit Hilfe von beleidigenden, erniedrigenden und entwürdigenden Worten.“
- expressive Gewalt: Mit expressiver Gewalt sind Furcht-, Zorn-, und Schreckensgefühle gemeint, welche vor allem in Notwehr- Situationen vorkommen.
- instrumentelle Gewalt: Sie hat als Eigenschaft, dass sie ein bestimmtes rationales Ziel verfolgt. Sie wird sozusagen als Mittel zum Zweck eingesetzt.
- individuelle Gewalt vs. kollektive Gewalt: Individuelle Gewalt wird von Einzelpersonen ausgeführt, während kollektive Gewalt von einer Gruppe von Personen ausgeführt wird.
- institutionelle Gewalt: Gewalt wird durch eine Institution selbst verursacht. Hier spielen vor allem die kriminellen Aktivitäten von Wirtschaftsunternehmen eine wichtige Rolle.
- strukturelle Gewalt: Strukturelle Gewallt lässt sich in Zwangsmerkmalen sozialer Systeme erkennen, wie etwa in ungleichen Lebens- und Bildungschancen.
- kulturelle Gewalt: Unter kultureller Gewalt versteht man die Wert- und Verhaltenssysteme einer Gesellschaft, die diese Gewalt rechtfertigt.
- sexuelle Gewalt: Sie ist die „Schädigung und Verletzung eines anderen mit Hilfe von erzwungenen intimen Körperkontakten oder anderen sexuellen Handlungen", die dem Täter eine Befriedigung eigener Bedürfnisse ermöglichen".
- frauenfeindliche Gewalt: Mit Hilfe von physischen, psychischen, verbalen oder sexuellen Formen der Unterdrückung wird Gewalt speziell gegenüber Frauen angewandt.
- fremdenfeindliche Gewalt: Mit Hilfe von physischen, psychischen, verbalen (oder sexuellen) Formen der Unterdrückung wird Gewalt speziell gegenüber Menschen anderer Herkunft angewandt.
- Bullying: Bullying wird als „systematische und wiederholte Aggression gegenüber Schwächeren und im Rahmen eines bestimmten zeitlichen Abschnitts definiert“
- Mobbing: Sie wird als Form des Bullying unter Erwachsenen betrachtet, wobei die Zielsetzung im beruflichen Kontext häufig darin besteht, die Zielperson aus einer sozialen Gemeinschaft herauszuekeln.
Individualismus vs. Kollektivismus
Japaner neigen, sich zu kollektivistischer Funktionsweise zu formieren. Darunter versteht man sowohl eine gruppenartige Organisation, als auch eine bestimmte Einstellung zu Werten und zu dem eigenen Selbst. Hierbei herrscht eine Bereitschaft zur Gruppenarbeit, Zugehörigkeit, Anpassungsfähigkeit zur Bedeutung, aber auch ein so genanntes Gruppenbewusstsein..
In Japan legt man nach Chie Nakane die Aufmerksamkeit zum größeren Teil auf die Gruppenzugehörigkeit, nur zum geringeren auf die Herkunft. Die Firma kümmert sich sowohl um die Arbeitsgestaltung aber auch um die Gestaltung der Freizeit außerhalb des Arbeitsplans. Ein Japaner gehört praktisch seinen ganzen Wachzustand über der Firma. Die Firma wird als Familie verstanden und ein Angestellter als ein Familienmitglied. In dieser Organisation übernimmt man eine bestimmte Rolle, wobei einem ein gewisser Entscheidungsspielraum frei bleibt, d.h. Japaner greifen sehr häufig nach Aufträgen, die ihren Kompetenzbereich überschreiten.
Da die Hierarchie innerhalb eines Gruppenkonstruktes immer sehr ausgeprägt ist, widmen sich Japaner ihren Gruppen (üblicherweise einer Gruppe in ihrer Firma) ihr ganzes Leben lang. Eine einmal gewählte Arbeitsorganisation wechselt man so gut wie nie. Eigenwillen betrachtet man als Betrug an der Familie.
Allgemein genommen wird ein Japaner zuerst nach der Gruppenzugehörigkeit gefragt und auf Grund davon entsprechend beurteilt.
Aus dieser Perspektive sollte man jede Berufsgruppe, sowie Filmregisseure als eine Gruppe mit eigenen Werten betrachten, d.h. Menschen, die nicht als Einzelner funktionieren, sondern als Stellvertreter ihrer eigenen Gruppe gelten.
Erwähnenswert wird auch eine Einstellung gegenüber Ortzugehörigkeit und Familie. Nakane weißt hin, dass in der japanischen Familie die unmittelbare, in dem gleichen Ort lebende Familienmitgliedern von größerer Bedeutung sind als die Verwandten. In einem solchen Konstrukt schätzt man z.B. eine von außen kommende Schwiegertochter wichtiger ein als die eigene Schwester, die den Haushalt verließ. Der Prozess funktioniert dialogartig und ermöglicht eine vollkommene Anpassung an eine neue familiäre Basis-Gruppe.
Eine typische Wohnung eines Angestellten in Tokio-Osaka-Yokohama-Komplex beträgt üblicherweise 10-15m², viel kleiner als europäische Wohnungen. Sie beinhaltet vor allem ein Bett, einen Duschraum und einen Fernseher.
Ein Rapport der UNESCO zeigt deutlich, dass Japan mehr Filme importiert als Deutschland oder Frankreich. Japaner sehen mehr Filme als Deutsche und Franzosen zusammen. Über 680 aus 1000 Japaner verfügen über einen Fernsehapparat – im großen Kontrast zu Deutschland (450/per 1000 Menschen). Japaner besitzen durchschnittlich mehr Fernseherapparate als Europäer.
Interessanterweise stufen sich in der Computer /Internethost-Statistik (Besitz eines Computer und Internet) nicht die Japaner (2024/93 auf 10 000 Menschen) an der oben der Rangliste ab, sondern die US- Amerikaner (4067/770).
Eine erste logische Erklärung könnte sein, dass die Verwendung der Computer hauptsächlich auf die Arbeit innerhalb der Arbeitszeit zufällt, und deshalb in Haushalten nicht mehr notwendig ist. Die hohen Filmwerte interpretiert man als Kultur der Arbeit und das Fernsehen als den Lebensstil (kulturelle Trends), wie die Japaner ihre Lebenszeit gestalten. Dadurch ist anzunehmen, dass das Fernsehen
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